Seminarzentrum für Tiergesundheit in Ostwestfalen-Lippe





Scheinträchtigkeit bei der Hündin

Scheinträchtigkeit ist keine Krankheit

Autor: Ricarda Dill | Datum: 26.01.2012

Nicht kastrierte Hündinnen entwickeln häufig Symptome, die denen einer Trächtigkeit gleichen: Sie werden matt, sind appetitlos und ziehen sich zurück, das Gesäuge schwillt an, sie “adoptieren” Gegenstände (Spielzeug oder Schuhe) und manchmal geben sie sogar Milch. Die Tiermedizin hat dafür verschiedene Fachbegriffe: Pseudogravidität (Scheinträchtigkeit), Lactatio falsa (“falscher Milcheinschuss”) oder Lactatio sine graviditate (Milchfluss ohne Trächtigkeit).

Grundsätzlich ist es bei Hündinnen nichts Ungewöhnliches, wenn sie Trächtigkeitssymptome entwickeln, auch wenn sie nicht gedeckt wurden oder nicht aufgenommen haben. Schuld daran ist das Gelbkörperhormon (Progesteron). Im menschlichen Hormonzyklus wird dieses Hormon unmittelbar abgebaut, wenn es nicht zur Befruchtung kommt. Nur bei einer Schwangerschaft bleibt der Progesteron-Spiegel bestehen. Das Hormon sorgt dafür, dass die Gebärmutterschleimhaut den Embryo schützt. Bei der Hündin dagegen bleibt der Progesteron-Spiegel auch nach der Läufigkeit bestehen. Erst wenn der Progesteron-Spiegel abfällt, zeigen sich die typischen Trächtigkeitssymptome. Das ist meistens im letzten Drittel des Zyklus, also etwa ab dem 30. Tag nach der Läufigkeit, der Fall. Es ist daher ein völlig normales Ereignis, wenn Hündinnen dann geschwollene Zitzen haben und vielleicht sogar Milch geben.  

Die Hündin hat dabei keine Halluzinationen, sie bildet sich ihre Trächtigkeit nicht ein: Nach dem Hormonstatus ist sie trächtig! Man geht heute davon aus, dass die Evolution dies so gewollt hat, da es dem Überleben der Welpen in einem Rudel nützte, wenn auch die nicht gedeckten Hündinnen in der Lage waren, die Welpen zu säugen.  

Die Scheinträchtigkeit ist aus homöopathischer Sicht nicht behandlungsbedürftig, wenn sich die Symptome in dem oben beschriebenen Rahmen bewegen. Eine Behandlung ist nur dann erforderlich, wenn sich die Zitzen entzünden (der Fachbegriff dafür heißt Mastitis) oder die Hündin sich so zurückzieht, dass sie als “depressiv” bezeichnet werden kann. Meist klingen die Symptome von alleine nach 1 bis 3 Wochen wieder ab.  

Als Besitzer können Sie Ihrer Hündin helfen, indem Sie sich ihr zuwenden und sich mit ihr beschäftigen, ihr Bewegung verschaffen und mit ihr spielen. Spielzeuge, die die Hündin bemuttert, sollten Sie ihr wegnehmen. Sie sollten Ihre Hündin nicht zu stark am Gesäuge lecken lassen, weil dies den Milchfluss anregt. Keinesfalls sollten Sie das Gesäuge mit Wärme behandeln, weil auch dies die Milchproduktion stimuliert.  

Es gibt immer wieder Tierärzte, die bei wiederholter Scheinträchtigkeit (man sollte besser von “Scheinmutterschaft” sprechen) zu einer hormonellen Behandlung oder sogar zur Kastration raten. Bedenklich finde ich daran schon die Idee, ein völlig gesundes Tier mit Medikamenten, die tief in die körperlichen Funktionen eingreifen, zu behandeln oder sogar zu operieren. Jede Operation bedeutet für das Tier Schmerz, Angst und Belastung mit Medikamenten: Narkose, Schmerzmittel und anschließende Gabe von Antibiotika. Bei einer Hormonbehandlung kann es zudem schnell zur Überdosierung kommen, weil für eine gezielte Gabe der individuelle Hormonstatus der Hündin bekannt sein müsste! Die Homöopathie stellt hier eine ernsthafte Alternative dar.

 

zum Weiterlesen:

Claudia Grothus, Läufigkeit und Scheinträchtigkeit bei Hündinnen, Homöopathie konkret, Heft 2/2011, S. 61 ff.

Ernst-Günther Grünbaum/Ernst Schimke (Hg.), Klinik der Hundekrankheiten, 3. Aufl. 2007, S. 740 f.

 

Dr. iur. Ricarda Dill

Hielpraktikerin, Tierheilpraktikerin

www.tierheilkunde-owl.de

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